Kein Reitsitz-Modell genießt einen solch guten Ruf wie der legendär gewordene Armeesattel 25. Während Pferde von seiner Anpassungsfähigkeit und dem vergleichsweise geringen Eigengewicht profitieren, bietet er Reiter_innen einen anatomisch korrekten Sitz und die Möglichkeit zahlreiche Gepäckstücke zu transportieren. Kein Wunder also, dass der ursprünglich rein militärisch genutzte Armeesattel 25 heute ein begehrter Ausrüstungs-Gegenstand für Langstreckenritte ist. Da er deutschlandweit nur noch von einem einzigen Unternehmen produziert wird, greifen Interessenten vermehrt auf gebrauchte Artikel seiner Art zurück. Worauf aber sollten potenzielle Besitzer_innen achten, wenn sie einen Armeesattel 25 erwerben möchten?
Wir beleuchten die Eigenheiten dieses ganz besonderen Reitutensils und erläutern Ihnen, welche Kauf-Empfehlungen sich daraus ableiten:
Vorbildwirkung
Dass die viel gepriesenen Vorzüge des Sattels weder nostalgischen Empfindungen entspringen noch die Wahrnehmung einzelner widerspiegeln, beweist die weltweite Resonanz auf den Artikel: Der Armeesattel 25 diente als Vorbild für den ersten kommerziell hergestellten Wanderreitsitz, inspirierte Erfinder zur Entwicklung des flexiblen Sattelbaums und erhält bei tierärztlichen Eingangskontrollen regelmäßig Bestnoten. Aspekte, die Grund genug bieten, sich für einen Armeesattel 25 zu entscheiden. Dennoch lohnt sich ein Blick in die Geschichtsbücher, um seinen besonderen Reiz wirklich erfassen zu können:
Entwicklung und Etablierung
Bis zur Gründung des Deutschen Kaiserreiches nutzten die berittenen Truppen der einzelnen deutschen Staaten keinen einheitlichen Armeesattel. 25 und mehr verschiedene Modelle waren in Umlauf – wobei sich die Exemplare für Offiziere noch einmal deutlich von denen der übrigen Mannschafts-Mitglieder unterschieden. Erst ein Erlass aus dem Jahre 1890 verfügte, dass Sättel landesweit nach gleichen Maßstäben zu fertigen sind. Das ermöglichte es die Bestandteile überall ersetzen zu können und die Truppen im ganzen Land einheitlich auszustatten.
Die ersten so geschaffenen Militärreitsitze wiesen jedoch noch deutliche Abweichungen zum späteren Armeesattel 25 auf. Dessen heute berühmter Aufbau und Detailreichtum resultiert aus Erfahrungen, die Reiter beim Einsatz von Vorläufer-Modellen gesammelt haben oder zwangsläufig sammeln mussten. Der schrittweise verbesserte Prototyp stammt aus dem Jahre 1925 – welches zur Namensgebung der fortlaufend durchnummerierten Sattel-Varianten geführt hat. Die Bezeichnung „Armeesattel 25“ erläutert demnach sowohl den hauptsächlichen Einsatz als auch das Datum der Etablierung.
Aufbau und daraus abgeleitete Kauf-Kriterien
Im Gegensatz zu anderen speziell für das Militär kreierten Reitsitzen ist der Armeesattel 25 so konzipiert, dass er dem Pferd, seinem Reiter und dem Transport von Gepäck gleichermaßen zu Gute kommt. Keine Selbstverständlichkeit – denn noch sein unmittelbarer Vorgänger bediente vornehmlich die Wendigkeit des Tieres.
Die ab 1925 sorgfältig(er) durchdachten Einzelheiten gelten zugleich als wichtige Kriterien für den Kauf. Um den Zustand der Bauteile und eventuell notwendige Reparaturarbeiten besser einschätzen zu können, sollten Sie den angebotenen Armeesattel 25 vollständig auseinander nehmen – und Ihr Augenmerk auf nachfolgend genannte Aspekte lenken:
Sattelbaum
Der aus Buchenholz gefertigte, über Dampf in Form gebogene und mit Metall beschlagene Sattelbaum verteilt das Gewicht des Reiters und der Gepäckmasse gleichmäßig über den gesamten Pferderücken.
Da der Armeesattel 25 aus einer Zeit datiert, in der korrosionsbeständiger Stahl nur selten zum Einsatz kam, können die Metallbeschläge Roststellen zeigen. Im Gegensatz zu eventuell vorhandenem Wurmfraß oder gar Brüchen im Holz sind sie jedoch unbedenklich.
Rohhautbespannung
Die Basis des eigentlichen Sitzes besteht beim Armeesattel 25 aus Rohhaut. Diese wird während der Konstruktion noch feucht in den Sattelbaum eingespannt und bleibt bei regelmäßigem Gebrauch und entsprechender Pflege des Sattels straff im Holz verankert.
Bei selten oder lange nicht benutzten Modellen sowie als Folge mangelnder Wartung kann die Rohhaut jedoch Schäden in Form von Austrocknung, Rissen und / oder nachlassender Spannkraft zeigen. Da eine komplett neue Bespannung das Zerlegen des gesamten Sattelbaumes erfordert, sind Reparaturen die bessere – wenn auch schwieriger durchzuführende – Alternative. Arbeiten, die Sie unbedingt einem Fachbetrieb wie unserem überlassen sollten.
Trachten und deren Polsterung
Die Trachten sind beim Armeesattel 25 deutlich länger bemessen als bei vergleichbaren Modellen oder anderen Sattelarten. Ihre Polster müssen sich leicht eindrücken lassen, weil das eine noch größere Auflagefläche gewährt und die Gesamtlast zusätzlich zu verteilen hilft. Bei original erhaltenen Sätteln sind sie mit dunkelgrauer Leinwand bespannt, die möglichst vollständig erhalten sein sollte.
Trachten, die im Rahmen von Wartungs- und Reparaturarbeiten zu stark nachgepolstert worden sind, sorgen für einen eigentümlich erhöhten Sitz und können ihrer ursprünglichen Aufgabe nicht ausreichend gerecht werden. In diesen Fällen empfehlen wir Ihnen, einen Teil der Füllung wieder entfernen zu lassen. Da der Armeesattel 25 über die Trachten in direktem Kontakt mit dem Tier steht, sollten Reparaturen an der Leinwand nur von Fachpersonal vorgenommen werden. Anderenfalls riskieren Sie durch unsauber ausgeführte Stopf- und Flickarbeiten Druckstellen.
Sattelgurt und Strupfen
Bei originalen Sattelgurten handelt es sich um Riemen aus Lohleder, gesträhnte Varianten aus Transparent- bzw. Fahlleder oder um Schnurengurte aus Hanf- bzw. Leinenstricken. Sie bieten Ihnen den Vorteil, mit eventuell ebenfalls noch original erhaltenen Strupfen kompatibel zu sein.
Besitzt der Ihnen angebotene Armeesattel 25 keinen Sattelgurt (mehr), macht sich meist ein Austausch der Strupfen erforderlich – selbst dann, wenn sie noch in gutem Zustand sind oder lediglich ihre Befestigung repariert werden müsste. Grund dafür ist, dass die Schnallen neu gekaufter Gurte nicht an die dafür vorgesehenen Strupfen passen bzw. der Armeesattel 25 nur mit wenigen Gurt-Modellen kombiniert werden kann.
Befestigungselemente
Zum vorbestimmten Transport von viel Gepäck besitzt der Armeesattel 25 zahlreiche Befestigungselemente, deren Platzierung oder Verankerung gegenüber den Vorläufer-Modellen optimiert wurde. So führen die Ösen für die unteren Packtaschen nicht mehr durch das Sattelblatt hindurch, sondern sind auf ihm vernietet. Dem lästigen Klappern der hinteren Rollsteg-Schnallen wirkt ein extra angebrachtes Stück Leder entgegen und der rückwärtige Schlitz für den Mittelpack-Riemen trägt eine Metallverstärkung.
In erstaunlich wenigen Fällen ist der gelochte Riemen unter dem Vorderzwiesel erhalten geblieben. Er dient als Verbindung zu einem gegebenenfalls eingesetzten Kummet; wird aber häufig als überflüssiges Anhängsel empfunden und einfach abgeschnitten. Übrig bleibt ein scheinbar nutzloses Endstück, wie es vielleicht auch Ihr Armeesattel 25 zeigt.
Sattelblätter und Pauschen
Um den Oberschenkeln des Reiters eine größere Auflagefläche zu bieten, weisen die Sattelblätter eine gerundete Vorderkante auf. Diesem Komfort stehen jedoch die Platzierung der Befestigungselemente und die dicken Pauschen entgegen.
Wollen Sie den Sattel seinem oben genanntem Zweck entsprechend einsetzen, muss beides erhalten bleiben. Abgesägte oder auf sonstige Weise entfernte Packösen und die der Abstandssicherung dienenden Zusatzpolster können wir ersetzen; hierfür jedoch keine Originalteile anbieten.
Sitz
Während die einen das Unnachgiebige beim Armeesattel 25 preisen, ist es für andere ein K.O.-Kriterium. Tatsächlich fehlen dem Modell der Tiefpunkt und die Stützfähigkeit anderer Sättel – welche Reiter jedoch allzu häufig zu Sitzfehlern verleiten, die das Pferd unnötig belasten. Im Interesse einer guten Zügelhaltung und -führung ist der Vorderzwiesel auffallend flach. Auch hinsichtlich der Polster orientiert sich der Armeesattel 25 eher am Tier als am Mensch: Ist er für schwere und / oder breite Pferde bestimmt, enthalten sie eine deutlich festere Füllung als in den Größen für schmale Vertreter ihrer Art.
Doch während der Austausch abgenutzter Polster für uns kein Problem darstellt, können wir Ihnen bei Defekten im Sitzleder nur bedingt weiterhelfen. Das A und O nach dem Erwerb eines eingehend geprüften und gegebenenfalls reparierten Sattels ist daher
Die richtige Pflege
Hierbei gelten die Grundsätze „weniger ist mehr“ und „vorbeugen ist besser als heilen“. Sollte es durch jahrelangen Nichtgebrauch dazu gekommen sein, dass Ihr Armeesattel 25
hartes oder welliges Leder
zeigt, können Sie dieses mit viel warmem Wasser befeuchten, so dass sich die winzigen Kapillare an der Oberfläche öffnen und das Material wieder weich machen. In diesem Zustand lässt es sich in Form schieben, ohne zu reißen. Noch bevor es vollständig getrocknet ist, müssen Sie es mit
Lederfett
einreiben. Dabei sollte es sich um ein Produkt mit eher fester Struktur und einem hohen Anteil natürlichen Bienenwachses handeln, das Sie unmittelbar vor dem Auftragen leicht erwärmen. Bringen Sie es stets nur in dünnen Schichten auf und reiben Sie jede einzelne davon gut in das Leder ein. Von einer Alternativ-Behandlung mit
Öl
sollten Sie dagegen lieber Abstand nehmen, da dieses Produkt Ihren Armeesattel 25 trocken und brüchig machen kann. Außerdem dunkelt das Material bei Verwendung von Öl um mehrere Nuancen nach, so dass Fachleute vom „Verbrennen des Leders“ sprechen und es nur in absoluten Ausnahmefällen empfehlen. Beispielsweise, wenn der Sattel durch starken Regen oder sonstige Umstände
nass geworden
ist. In einem solchen Fall müssen Sie die Oberflächen umgehend nachfetten und dürfen – falls kein anderes Pflegemittel zur Hand ist – auch zu hochwertigen Ölen greifen. Fettende Substanzen, die das Leder nicht binnen ein paar Minuten aufgesaugt hat, sollten Sie mit einem weichen Lappen entfernen. Vergessen Sie nicht, Ihren Armeesattel 25 nach einer mehrstündigen Ruhezeit bzw. vor dem nächsten Einsatz ein
gründliches Nachpolieren
angedeihen zu lassen. Dieser Vorgang schützt Ihre Reitkleidung vor eventuell entstehenden Fettflecken und verhindert, dass Sie buchstäblich „vom Sitz rutschen“. Darüber hinaus hat Schmutz auf einer polierten Oberfläche weniger guten Halt, so dass Sie Schlammspritzer o.ä. einfach nur abzuwischen brauchen.
Resümee
Manch gut erhaltener Armeesattel 25 beweist, dass sorgfältiger Umgang und sachgerechte Pflege viel zum Wert- und Funktionserhalt beitragen. Um ganz sicher zu gehen, dass Ihr neues Reitutensil seine herausragenden Eigenschaften auch über die nächsten Jahre hinweg behält, sollten Sie es regelmäßig auf Veränderungen überprüfen. Zusätzlich raten wir Ihnen, Ihren Armeesattel 25 wiederkehrend in einem versierten Fachbetrieb wie unserer Sattlerei vorzustellen, um bereits kleine Schäden ausbessern zu lassen.